BLOG

Wochenbett

URLAUB STATT ELTERNZEIT NACH DER GEBURT

Im Moment arbeitest du vielleicht noch, aber bald ist es da: dein Baby. Und, hast du dir schon Gedanken gemacht, wie lange du dir frei nimmst nach der Geburt? Warum Vaterschaftsurlaub nach der Geburt nicht nur für deine Partnerin und dein Baby, sondern auch für dich als (werdenden) Vater wichtig ist, erfährst du hier.

Lieber Leser, vorab diese Zeilen: Du hast jederzeit die Möglichkeit, bis sieben Wochen vor der Geburt deines Kindes, Elternzeit zu beantragen. Das heißt, mindestens ein Jahr und maximal drei Jahre frei von deiner Arbeit zu nehmen, um für dein Kind und deine Familie da zu sein. Wenn du dir (noch) nicht so lange eine Auszeit nehmen möchtest, nicht bereit dazu bist oder andere Hürden dir dabei im Weg stehen ist es auf jeden Fall wichtig, dass du nach der Geburt für dein Kind und vor allem für deine Partnerin da bist. Hier gebe ich dir einen Einblick, warum das wichtig ist und wie viele freie Zeit ich für angemessen finde.

Zwei Wochen sind so lala, vier Wochen schon besser, zwei Monate super, sechs Monate grandios – das empfehle ich zumindest meinen Kursteilnehmern, wenn sie mich fragen, wie lange sie Hause bleiben “sollen” – im Fall, wenn sie keine längere Aus- oder Elternzeit nehmen. Dort habe ich auch Männer kennengelernt, die erzählten, sie wollten sich erst dann frei nehmen, wenn das Kind schon mehr kann und Mann etwas mit ihm oder ihr unternehmen kann. Wenn sie quasi „robuster“ sind. Meine Meinung dazu? Männers, ihr verpasst ganz schön was!

VÄTER ERLEBEN MAGISCHE MOMENTE NACH DER GEBURT

Auch, wenn Du anfangs nicht so dolle mit deinem Kind rumtollen kannst – diese ersten magischen Momente, in denen du als Vater dein Kind kennenlernst, dieses zarte Augenöffnen und das Glucksen erlebst – das ist einfach so faszinierend und spannend. Bei jedem meiner Kinder habe ich immer wieder aufs Neue gestaunt, wie so ein Wesen über neun Monate im Bauch meiner Partnerin gewachsen ist und nun auf einmal vor mir liegt. Dadurch ist eine so tiefe Nähe zu meinen Kindern entstanden, dass ich mich heute noch an diese intensive Zeit erinnere. Und auch, wenn deine Partnerin stillt und dadurch viel Zeit mit dem Kind verbringt, kannst du alles andere mit deinem Kind tun und durch deine Nähe von Anfang an eine Bindung aufbauen. Ein paar Beispiele: Kuscheln, trösten bei Bauchweh, Windel wechseln, Babymassage, …

DEINE PARTNERIN BRAUCHT DICH!

Und nicht zu unterschätzen: Deine Partnerin braucht dich im Wochenbett, also in der ersten Zeit nach der Geburt, am allermeisten. Das Wochenbett ist eine Zeit der Regeneration und nicht wenige Hebammen empfehlen, dass die jungen Mütter in den ersten beiden Wochen fast nichts machen und vor allem liegen sollen. Du gibst deiner Partnerin in dieser intensiven Zeit emotional Halt und übernimmst alles, was zu Hause anfällt: Kochen, Einkaufen, Haushalt schmeißen, Seele streicheln und Türsteher sein – bei nervigen Verwandten etwa. Auch die Politik hat das erkannt. Familienministerin Anne Spiegel (SPD) kündigte im Dezember 2021 eine bezahlte Auszeit für Eltern direkt nach der Geburt an.

Für manche (werdenden) Väter ist es aber gar nicht so leicht, eine längere Auszeit zu nehmen: Etwa für Freiberufler, Selbstständige oder auch Arbeitnehmer, wenn etwa der Chef keinen Bock darauf hat.

In diesem Fall kannst du dir überlegen, ob ein Väter-„feindliches“ Unternehmen dir in Zukunft wirklich gut tut. Vielleicht möchtest du auch in Zukunft weniger erreichbar sein, noch geregelter und von zu Hause aus arbeiten oder sogar deine Arbeitszeit reduzieren.

Freiberufler und Selbständige haben die Möglichkeit, ihre Aufträge so zu steuern, dass es vielleicht genau hinhaut mit dem Entbindungszeitraum. Vielleicht kannst du auch Aufgaben delegieren für diese Zeit oder dir einen digitalen Assistent*in organisieren. Eine Möglichkeit ist auch Freunde oder Verwandte darum zu bitten dich zu unterstützen. Die Hilfe von anderen zu brauchen ist Stärke, keine Schwäche. Deine Ein-Mann-Armee hilft dir im Wochenbett am allerwenigsten.

WENN DU DIR NICHT FREINEHMEN KANNST…

Wenn wirklich alles scheitert und es abzusehen ist, dass deine Partnerin alleine ist nach der Geburt: Frag Verwandte (Eltern, Geschwister, Tanten, Onkel…), ob sie Zeit haben, deine Partnerin zu unterstützen. Es gibt Sozialunternehmen wie wellcome, die praktische Hilfe nach der Geburt leisten können.

Das Wichtigste ist Essen! Essen zu kochen oder zu beschaffen und dafür zu sorgen, dass Mama und Kind einfach so wenig Stress wie möglich haben. Vor allem beim Stillen wird sich das sonst zu einem kleinen bis großen Problem entwickeln. Ich erinnere mich an eine Nachbarin, die Mutter wurde und wo der Partner nach der Geburt sich nur wenig Zeit nahm oder nehmen konnte. Wir wußten, dass sie keine andere Unterstützung hat. Meine Frau und ich haben einfach immer mehr gekocht und ihr mittags einen Teller vorbeigebracht. Unter Freundentränen hat sie das Essen entgegengenommen. Das finde ich damals wie heute viel wichtiger als einer jungen Familie Geschenke zu machen, die symbolisch vielleicht toll sind, der Nutzen aber gleich null ist.

WIEVIEL AUSZEIT ICH MIR NACH DER GEBURT GENOMMEN HABE

Das ist ein schwieriges Thema für mich, weil ich rückblickend das gerne anders geregelt hätte. Aber damals war es so und daran kann ich jetzt nichts mehr ändern. Genug Selbstgeißelung, also: Ich habe mir bei meinen ersten beiden Kindern nicht so viel Auszeit zu Beginn genommen, auch weil meine Partnerin sich klar positioniert hat, dass sie drei Jahre Elternzeit nehmen wolle. Zwei bis drei Wochen war ich jeweils nach der Geburt zu Hause. Bei meinem ersten Kind war ich im Finale meiner Ausbildung zum Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger, beim zweiten stand meine Magisterarbeit an. Klar, irgendwas ist immer – das sehe ich heute anders.

Diese Zeit ist unwiderruflich weg. Und kommt auch nicht wieder. Beim dritten Kind wollte ich es deshalb anders machen und habe (immerhin) acht Monate frei genommen. Meiner Partnerin ermöglichte ich dadurch, wieder ins Berufsleben einzusteigen. Das hat uns allen gut getan.

Worüber ich nicht geschrieben habe, aber ich noch erwähnen möchte, ist dieser Geld-Hustle. Manche Familien können es sich schlicht und einfach nicht leisten, länger frei zu machen oder unbezahlte Elternzeit zu nehmen. Ja, es besteht die Möglichkeit, auch in der Elternzeit in Teilzeit zu arbeiten – aber ist das der Sinn von Elternzeit? Ich lebe in München. Die Mieten sind der blanke Horror. Im ländlichen Raum mag das entspannter sein, aber hier arbeiten viele Familien in erster Linie für die Miete.

Wie viel frei nimmst du nach der Geburt?

Ich freue mich über deinen Kommentar! Falls du weitere Fragen, Wünsche oder Anregungen hast, schreib mir. Vielen Dank für dein Interesse am BALDPAPA-Blog.

Stand: 3. März 2022
Bildquellen: Pixabay, Shutterstock, Archiv Familie Schwarz